Um viele Planeten bilden sich Ringe – allerdings üblicherweise nur in einem bestimmten Abstand. Das hat physikalische Gründe. Diese Regel jedoch scheint der Zwergplanet Quaoar zu brechen.
Dass sich um Planeten Ringe bilden, kennen wir – besonders spektakulär sieht man dieses Phänomen beim Saturn, einem der großen Gasplaneten in unserem Sonnensystem. Aber auch Jupiter, Uranus und Neptun haben Ringsysteme, die allerdings weniger gut zu erkennen sind. Die Ringe bilden sich aus Eis- oder Gesteinspartikeln, Staub und Steinbrocken. Es wird davon ausgegangen, dass mitunter auch die Reste von Monden, die auf den Planeten zustürzten und von der Schwerkraft zerrissen wurden, das Material solcher Ringe bilden.
Eine Entdeckung bereitet der Wissenschaft jedoch Kopfzerbrechen: Der Zwergplanet Quaoar, ein sogenanntes "transneptunisches Objekt", das sich weit draußen an der Grenze unseres Sonnensystems befindet und eine fast perfekte Kreisbahn um die Sonne zieht, hat einen Ring. Den allerdings dürfte er eigentlich nicht haben – denn dieser Ring scheint den bisherigen physikalischen Annahmen zu widersprechen.
Quaoar dürfte seinen Ring nicht haben
Grob zusammengefasst bilden sich Ringe um Objekte im All nur in einer bestimmten Nähe zum jeweiligen Objekt. Befinden sich Eis, Gestein und Staub außerhalb dieser als Roche-Grenze bezeichneten Zone, dann wird das Material von den vorherrschenden Kräften zu einem kompakten Klumpen zusammengepresst und bildet einen Trabanten oder Mond, der fortan um das größere Objekt kreist. Innerhalb der Roche-Grenze wirken die Gezeitenkräfte von Planeten zu stark, als dass sich Monde bilden könnten – sie werden direkt wieder zerrissen. Auf alle bisher untersuchten Planeten oder Asteroiden mit Ringen trifft dies zu.
Nur Quaoar bildet eine verwirrende Ausnahme. Das Team um Bruno Morgado vom Nationalobservatorium in Rio de Janeiro machte die Entdeckung: Fast zufällig fanden die Forscher:innen heraus, dass der Zwergplanet einen schmalen, recht unregelmäßig wirkenden Ring hat. "Wir sahen Abnahmen in der Helligkeit, die nicht von Quaoar selbst verursacht wurden, sondern die auf die Präsenz von Material in einem kreisförmigen Orbit um ihn hindeuteten", so Morgado. "Im Gegensatz zu allen anderen bekannten dichteren Ringen liegt Quaoars Ring deutlich außerhalb der klassischen Roche-Grenze."
Wissenschaft rätselt über Ursachen
Gut 4100 Kilometer entfernt von der Oberfläche Quaoars befindet sich der Ring, seine Roche-Grenze läge aber bereits bei 1780 Kilometern. "Material so weit außerhalb des Roche-Limits müsste sich eigentlich innerhalb weniger Jahrzehnte zusammenballen", so Bruno Morgado und sein Team. Es gebe drei Möglichkeiten, wie man dies erklären könne. So blieben "entweder ein sehr junger oder extrem dünner Ring oder aber wir müssen die Annahmen zum Roche-Limit revidieren."
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Womöglich könnte auch die extreme Kälte der Region, in der Quaoar seine Bahnen zieht, mit seinem rätselhaften Ring zu tun haben. Die Wissenschaftler:innen vermuten, dass sich Material unter diesen Umständen weniger gut verklumpt. Ach Schwerkraftwechselwirkungen, die durch die sogenannte 1/3-Spin-Orbitalresonanz ausgelöst werden, könnten mit dem Phänomen zu tun haben. Eines ist jedoch bereits jetzt klar: Dass Ringe um Planeten oder andere Objekte nur innerhalb deren Roche-Grenze auftreten können, ist durch Quaoar widerlegt worden.