Pasadena (dpa) - Der südliche Amazonas-Regenwald stößt durch Waldschäden mittlerweile deutlich mehr Kohlendioxid (CO2) aus, als er aufnimmt. Das ergibt sich aus der Auswertung von detaillierten Luftaufnahmen in den brasilianischen Bundesstaaten Rondônia, Mato Grosso und Pará in den Jahren 2016 bis 2018. Wie die Studie unter Leitung von Ovidiu Csillik vom California Institute of Technology in Pasadena zeigt, haben die Waldschäden dabei ganz unterschiedliche Ursachen, wobei der Mensch oft eine Rolle spielt.
Der Regenwald des Amazonasgebiets in Südamerika beherbergt mehr als zehn Prozent aller auf der Welt lebenden terrestrischen Arten, so eine kürzlich im Fachblatt «Nature» veröffentlichte Studie. Wie diese ausführt, trägt das Gebiet über den Nettokühlungseffekt durch die Verdunstung von Wasser zur Stabilisierung des Erdklimas bei. Außerdem speichere der Regenwald eine Menge Kohlenstoff, die dem weltweiten CO2-Ausstoß von 15 bis 20 Jahren entspricht. Doch Abholzung und andere Waldschädigungen bedrohen diese Rolle, die der Amazonas-Regenwald als «grüne Lunge» der Erde für das Weltklima spielt. Maßnahmen der aktuellen brasilianischen Regierung haben die Waldzerstörung indes zuletzt deutlich verringert.
«Satellitengestützte Ansätze leiden trotz ihrer größeren Reichweite unter einer groben Auflösung, die es schwierig macht, das Ausmaß und die Intensität der Waldschädigung zu beziffern», schreiben nun die Autorinnen und Autoren der aktuellen Arbeit, über die im Fachmagazin «Proceedings of the National Academy of Sciences» («PNAS») berichtet wird.
Sie verwendeten deshalb Aufnahmen aus Flugzeugen, die in einer Höhe von 600 Metern in 99 Messstreifen über das Untersuchungsgebiet flogen. Dabei kam die sogenannte Lidar-Technologie zum Einsatz: eine dem Radar verwandte Methode, die in etwa einem dreidimensionalen Laserscanning entspricht. Auf diese Weise bestimmte die Forschungsgruppe unter anderem die Höhe der Baumkronen. Das Untersuchungsgebiet wurde jeweils zweimal im Abstand von einem bis anderthalb Jahren überflogen.
Die Studien-Region hat eine Fläche von 544.300 Quadratkilometern, was 8,2 Prozent des gesamten Amazonasgebiets (etwa 6.600.000 Quadratkilometer) entspricht. Csillik und sein Team entdeckten Waldschäden auf 21,6 Prozent der untersuchten Fläche. Davon entfielen 0,7 Prozent auf Holzfällung, 0,7 Prozent auf die Urbarmachung für die Landwirtschaft und 2,8 Prozent auf Feuer. Die Feuer im Amazonasgebiet werden der Forschungsgruppe zufolge fast alle von Menschen entzündet. So ergibt sich ein Anteil von 4,2 Prozent der Fläche, der durch menschliche Aktivitäten geschädigt wurde.
Die Schäden auf den übrigen 14,7 Prozent der geschädigten Fläche führt das Team um Csillik auf kleinere natürliche und menschengemachte Störungen zurück, die nicht mit hoher Sicherheit identifiziert werden konnten. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überraschend war der große Anteil an Schädigungen durch Windbruch - also heftigen Wind - mit 2,7 Prozent. Auf 62,1 Prozent der Fläche zeigte sich keine Änderung zwischen den beiden Aufnahmen. Auf 16,3 Prozent der Fläche stellten die Forschenden darüber hinaus ein deutlich erkennbares Waldwachstum fest.
Dies reicht laut Studie jedoch nicht, um die Kohlenstoffemissionen der geschädigten Flächen auszugleichen. Der Ausstoß summiert sich im Untersuchungszeitraum auf 134,6 Millionen Tonnen Kohlenstoff, während durch das Waldwachstum 44,1 Millionen Tonnen aus der Luft aufgenommen wurden. Das ergibt in der Bilanz Emissionen von jährlich 90,5 Millionen Tonnen Kohlenstoff zwischen 2106 und 2018 auf der untersuchten Fläche. Die Kohlenstoffbilanz des Bodens wurde dabei jedoch nicht berücksichtigt. Die Autorinnen und Autoren schließen: «Diese Studie hebt die Rolle der Waldschädigung in der Kohlenstoffbilanz dieser kritischen Region im Erdsystem hervor.»