Als Anfang der Woche die ersten kostümierten Gruppen mit dröhnenden Trommeln in das Sambodromo von Rio de Janeiro einmarschierten, fokussierten sich die Kameras wie immer auf die spärlich bekleideten Tänzerinnen. Dann folgte unvermittelt eine Nahaufnahme nackter Beine, die mitten in einem Sambaschritt angehalten wurden.
Die Tänzerin streckte grazil ein Bein vor und ein Mitarbeiter des Gesundheitsamts sprühte ein Repellent gegen Stechmücken auf die Haut von Ober- und Unterschenkel. So etwas hat es in der Geschichte des Karnevals von Rio noch nie gegeben. Hintergrund ist der kurz vor dem Karneval von der Stadtregierung ausgerufene Gesundheitsnotstand auf Grund einer Dengue-Fieber-Epidemie , die außer Kontrolle geraten ist.
Dramatische Lage in feuchtwarmen Ländern
Rio erlebe die größte Infektionswelle seit 50 Jahren, erklärte Bürgermeister Eduardo Paes. Die ärmsten Viertel, die Favelas, sind besonders stark betroffen: Dort sind die Fallzahlen am höchsten. Und ausgerechnet dort ist es am schwierigsten, an Behandlung zu kommen. Auslöser für den starken Anstieg in Brasilien dürften die heftigen Regenfälle und die hohen Temperaturen der vergangenen Monate sein . Unter diesen Bedingungen kann sich die Gelbfiebermücke Aedes aegypti besonders gut entwickeln, die die Dengue-Viren überträgt.
15.925 km weiter östlich ist die Dengue-Situation noch dramatischer. Bangladesch, das Land an der Mündung des Ganges, wird von einer Dengue-Epidemie heimgesucht, die in ihrer Dimension bislang einzigartig ist: 2023 verfünffachte sich die Zahl schwerer Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr auf rund 322.000 Fälle. Die Zahl der Todesfälle stieg auf 1.705, sechsmal mehr als 2023. Ärzten vor Ort zufolge der „tödlichster Dengue-Ausbruch aller Zeiten“ in Bangladesch
Die einzige Hoffnung, die bleibt: Eine Impfung
Da bislang alle Versuche gescheitert sind, den Überträger des Dengue-Virus, Mücken, unter Kontrolle zu halten, dreht sich in feuchtwarmen Ländern wie Brasilien und Bangladesch das Infektions-Karussell Virus-Mücke-Mensch immer schneller. Experten sind sich einig, dass die Häufigkeit von Dengue-Fieber nur mithilfe eines hocheffektiven Impfstoffes gesenkt werden kann . Die Ergebnisse einer Phase-3-Studie einer neu entwickelten Dengue-Vakzine, gerade im Fachblatt „ New England Journal of Medine“ veröffentlicht, deuten jetzt darauf hin, dass dies grundsätzlich möglich ist.
Forscher vom Butantan-Instituts in Rio de Janeiro haben einen Impfstoff entwickelt, der gegen die vier weltweit vorkommenden Dengue-Virusvarianten gerichtet ist und nur einmal gespritzt werden muss . Die bisherigen Vakzinen müssen dagegen drei- bzw. zweimal appliziert werden.
Der Butantan-Impfstoff enthält lebende, abgeschwächte Viren und entspricht in der Zusammensetzung der Empfehlung National Institute of Health der USA. Die Vakzine wurde an 16.225 Probanden getestet, die über zwei Jahre nachverfolgt wurden. Die Schutzrate betrug 73,6 Prozent für Personen, die noch nie mit Dengue-Viren in Kontakt gekommen waren. Wer schon am Erreger erkrankt war, war noch besser geschützt: Die Forscher sehen in der hohen Schutzrate gerade bei Älteren einen Hinweis dafür, dass nach mehreren durchgemachten Infektionen mit dem Dengue-Virus ein gewisser Immunschutz auch ohne Impfung entsteht.
Eine Aufschlüsselung des Auftretens von Dengue-Fieber nach der Impfung mit der im Vergleich zu mit einer Placebo-Lösung geimpften Personen zeigte, dass während der ersten zwölf Monate nach der Immunisierung ein hundertprozentiger Schutz bestand . Eine wichtige Erkenntnis, um künftig auch Reisenden in Hochendemiegebiete die Butantan-Impfung empfehlen zu können.