Quälendes Hin- und Herwälzen vor dem Einschlafen, nächtliches Aufwachen, gefolgt von zermürbend langen Wachphasen: Rund 30 Prozent aller Erwachsenen leiden an Schlafstörungen, die sich mitunter erheblich auf die Lebensqualität Betroffener auswirken.
Forschende der brasilianischen Universität São Paulo haben sich in einer Studie jetzt angesehen, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale eher mit anhaltenden Schlafproblemen verbunden sind.
Welche Persönlichkeitseigenschaften hängen mit Schlaflosigkeit zusammen?
"Wir haben uns entschieden, den Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen auf Schlaflosigkeit zu untersuchen, weil es sich um eine sehr häufige Störung handelt, die negative gesundheitliche Folgen hat, wie ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, Diabetes, Angstzustände und Depressionen", erläutert Bárbara Araújo Conway, Schlafpsychologin und Hauptautorin, die Relevanz der Untersuchung.
Um zu den Ergebnissen zu gelangen, untersuchten die Fachleute 595 Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 59 Jahren. Sie wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine bestand aus Personen mit Schlafstörungen, die bereits deswegen Hilfe gesucht und eine entsprechende Diagnose erhalten hatten. Die andere Gruppe bestand aus Kontrollpersonen ohne Schlafprobleme.
Man legte den Teilnehmenden umfangreiche Persönlichkeitsfragebögen vor – in der Analyse zeigte sich: Patientinnen und -patienten mit Schlafstörungen wiesen deutlich höhere Werte beim Persönlichkeitsmerkmal Neurotizismus auf als Teilnehmende ohne Schlafprobleme sowie niedrigere Werte bei den Persönlichkeitsmerkmalen Verträglichkeit, Offenheit und Gewissenhaftigkeit (Beschreibung siehe Infobox weiter unten).
Emotional instabiler, weniger stressresistent
Bei Neurotizismus handelt es sich um ein Persönlichkeitsmerkmal, das sich auf den Grad der emotionalen Stabilität eines Menschen bezieht. Personen mit einem hohen Grad an Neurotizismus neigen demnach dazu, emotional instabiler zu sein, und sich eher auf die negativen Aspekte des Lebens zu konzentrieren. Unter widrigen Umständen neigen sie unter anderem zu Desorganisation, intensivem Leidensdruck und ausgeprägten Stressreaktionen. Aus Studien ist auch bekannt, dass Neurotizismus oft mit Ängsten und Depressionen einhergeht.
"Nach einer genaueren statistischen Analyse lassen die Ergebnisse der Studie darauf schließen, dass Menschen mit einem hohen Maß an Neurotizismus eher an Schlaflosigkeit leiden", summieren die Forschenden in einer Aussendung.
Um zu verstehen, wie genau die Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus mit Schlafstörungen zusammenhängen könnte, führte man tiefgehendere Auswertungen durch. In diesen Analysen kristallisierte sich Angst als vermittelnder Faktor heraus. Demnach könnten Angstgefühle bei Menschen mit einer Neigung zu emotionaler Labilität, Ängstlichkeit und Traurigkeit den Anstoß für die Entwicklung von Schlaflosigkeit geben – und diese auch aufrechterhalten. Typisch für eine Schlafstörung ist etwa auch, dass sich Betroffene besonders abends und nachts viele Gedanken und Sorgen über ihren Schlaf machen.
Die brasilianischen Expertinnen und Experten plädieren dafür, die Erkenntnisse bei der Diagnose und Behandlung von Schlafstörungen zu berücksichtigen. So könnte etwa die gezielte Therapie von Angstsymptomatik auch Schlafprobleme lindern.
Die Ergebnisse wurden im Journal of Sleep Research veröffentlicht und können hier nachgelesen werden.