Schädigungen der Lunge können nach einer überstandenen schweren COVID-19-Erkrankung auch noch nach zwei Jahren bestehen. Das zeigt eine neue Studie aus Brasilien.
Die Untersuchung von 237 Patienten, die in der Universitätsklinik São Paulo (Brasilien) wegen einer schweren COVID-19-Erkrankung stationär behandelt worden waren und hatten beatmet werden müssen, 92 Prozent auch zwei Jahre nach der Entlassung immer noch Lungenschäden aufwiesen. In 33 Prozent der Fälle handelte es sich um eine Lungenfibrose. Die Forschenden beobachteten auch bei einigen der Untersuchten 24 Monate nach der stationären Behandlung Rezidive von Lungenläsionen – und dies, obwohl sich die Betroffene zum Zeitpunkt ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus scheinbar vollständig erholt hatten.
Die in die Auswertung eingeschlossenen Patienten waren zwischen März und August 2020 in das Hospital das Clínicas, einen Krankenhauskomplex hospitalisiert und zwischen sechs und zwölf Monate nach der Entlassung nachbeobachtet worden. Die Untergruppe mit Lungenläsionen wurde nach 18 bis 24 Monaten nochmals untersucht.
Bei der überwiegenden Mehrheit (92%) fielen in beiden Nachuntersuchungen Veränderungen in der Lunge auf: 58 Prozent der Patienten zeigten Zeichen einer Entzündung, 33 Prozent litten an einer Fibrose. Bei einem geringen Teil (2%) der Patienten mit fibrotischen Läsionen ergab sich im Vergleich zu einer ein Jahr nach der Entlassung durchgeführten Untersuchung eine Verbesserung. Bei 25 Prozent hingegen stellte sich der Zustand als schlechter dar.
Die Studie war Teil eines von der Stiftung zur Forschungsförderung im Staat São Paulo (FAPESP) und dem Instituto Todos pela Saúde unterstützten Projektes. Die Wissenschaftler beobachten mehr als 700 Patienten mindestens vier Jahre lang nach einem Krankenhausaufenthalt, der der Behandlung von COVID-19 diente. Das Ziel bestand darin, die Auswirkungen von SARS-CoV-2 in vielen Bereichen zu untersuchen – von der Genetik bis hin zu physischen, psychologischen und kognitiven Funktionen. Laut den Studienautoren handelt es sich um eine der weltweit größten Kohortenstudien auf diesem Gebiet.
Prof. Carlos Roberto Ribeiro de Carvalho, korrespondierender Autor der Veröffentlichung, berichtet außerdem: „Was Lungenprobleme betrifft, zeigten ältere Patienten, die eine Intensivversorgung und maschinelle Beatmung brauchten, zwei Jahre nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus Anzeichen von Lungenkomplikationen. Weitere Nachuntersuchungen werden erforderlich sein, um herauszufinden, ob diese dauerhaft sind. Ein weiteres interessantes Ergebnis, das veranschaulicht, in welchem Ausmaß das Virus uns alle überrascht hat, war, dass sich die Lungen von 20 Patienten nach einem Jahr verbessert hatten, nach zwei Jahren jedoch verschlechterten.“
Das Auftreten von Fibrosen gab Anlass zu großer Sorge – so sehr, dass die Forschenden in die drei Jahre nach der akuten COVID-19-Erkrankung durchgeführte Beurteilung der Patienten (die bereits abgeschlossen ist, aber noch ausgewertet wird) eine Lungenbiopsie mittels Bronchoskopie einbezogen. So wollten sie detailliertere Informationen über die Veränderungen der Lungenkapazität erhalten, die in vorangegangenen Computertomographie-Scans beobachtet worden waren.
„Wir müssen herausfinden, ob es sich bei dem, was wir sehen, um Narbengewebe oder eine Fibrose im Frühstadium handelt“, erklärt Carvalho. „Die Biopsie ist wichtig, weil sie es uns ermöglicht zu entscheiden, ob wir mit Medikamenten [Corticosteroiden oder Antifibrotika] eingreifen müssen, um zu versuchen, das Fortschreiten der Fibrose zu stoppen.“
Carvalho fährt fort: „Dies wurde bei anderen viralen Pneumonie beobachtet, aber die Häufigkeit scheint bei SARS-CoV-2 höher zu sein. Es ist ein Problem, das beobachtet werden muss, da es nur zwei Behandlungsmöglichkeiten für fortgeschrittene Fibrose gibt und beide komplex und kostspielig sind und teure Medikamente oder eine Lungentransplantation erfordern. Dies ist also eine sehr schwerwiegende Komplikation für den Patienten und eine schwere Belastung für das Gesundheitssystem, insbesondere das SUS [Sistema Único de Saúde, Brasiliens öffentliches Gesundheitsnetzwerk].“
Nicht fibrotisch, aber bronchiolitisch
Die Wissenschaftler identifizierten in ihrer Studie noch ein weiteres Profil pulmonaler Folgeerscheinungen nach COVID-19: Patienten, die nicht intensivmedizinische versorgt werden mussten, aber eine Sauerstoffergänzung erhielten, entwickelten Bronchiolitis und andere Arten von Erkrankungen der kleinen Atemwege.
„Im Gegensatz zu Patienten, die intubiert wurden und bei denen man später eine Fibrose feststellte, entwickelten diejenigen, die während ihres Krankenhausaufenthaltes nur eine Sauerstoffsupplementierung erhielten, eine Form von Bronchialerkrankung, die wir jetzt untersuchen“, sagt Carvalho. Die Forschungsergebnisse können nach seiner Auffassung dabei helfen, neue Protokolle für die Behandlung von Patienten mit pulmonalen Folgeerscheinungen nach COVID-19 oder mit Long-COVID zu erstellen. Carvalho betont, dass die Hauptsymptome Müdigkeit und Schwäche seien. „Wir haben festgestellt, dass diese beiden Symptome mit drei verschiedenen Faktoren verbunden sein können. In einigen Fällen können Müdigkeit und Schwäche auf eine Lungenerkrankung zurückzuführen sein, in anderen auf eine Herzerkrankung. Eine dritte Möglichkeit ist ein Muskelproblem wie Sarkopenie. All dies muss berücksichtigt werden. Die Behandlung wird in jedem dieser Fälle anders sein. Vor allem ist es wichtig zu wissen, dass es eine Behandlung gibt. Unser Forschungsprojekt zielt darauf ab, das Wissen über die Folgen von COVID-19 und deren Behandlung zu erweitern. Das ist unser Ziel.“