Überbelegte Intensivstationen, erschöpftes Gesundheitspersonal und chaotische Situationen in überfüllten Krankenhäusern: Diese und ähnliche Probleme haben in Brasilien im Lauf der Pandemie ideale Bedingungen für das Auftreten von Candida auris geschaffen. Das ist ein Pilz, mit dem sich Menschen infizieren können. Gelangt er in den Blutkreislauf, verursacht er eine systemische Infektion. Häufig sind Harnwegsinfektionen, die Pilzerkrankung kann aber auch mehrere Organe schädigen und sogar zum Tod führen. Bei infizierten Patienten kann die Sterblichkeit durch C. auris 60 Prozent erreichen.
Resistenter "Superpilz"
Experten bezeichnen den Mikroorganismus als „Superpilz“, da er sich mit hoher Geschwindigkeit ausbreitet und gleichzeitig zunehmend Arzneimittelresistenzen entwickelt. So sollten etwa Patienten mit C. auris nur in Einzelzimmern untergebracht sein, um die Verbreitung zu verhindern – in Zeiten überfüllter Spitäler ist das nicht möglich.
Die ersten beiden Fälle des „Superpilzes“ wurden im Dezember 2020 in einem Krankenhaus in Salvador in Nordost-Brasilien bestätigt und nun im Journal of Fungi beschrieben. „Neun weitere C. auris- Patienten wurden seitdem im selben Krankenhaus diagnostiziert, einige kolonisiert (mit dem Pilz in ihrem Organismus, aber nicht schädlich) und andere infiziert“, sagte Studienautor Arnaldo Colombo. „Es gibt Grund zur Besorgnis. Wir beobachten die evolutionären Merkmale von C. auris- Isolaten von Patienten im Krankenhaus in Salvador und wir haben bereits Proben mit verringerter Empfindlichkeit gegenüber Fluconazol und Echinocandine gefunden. Letztere gehören zur Hauptklasse von Medikamenten zur Behandlung von invasiver Candidose.“ In vielen Spitälern werde derzeit zu wenig Augenmerk auf den Pilz gelegt, er sollte aber rasch identifiziert werden, um eine Verbreitung einzudämmen.
Desinfektionsmittel helfen nicht
"Die Art wird schnell resistent gegen mehrere Medikamente und reagiert nicht sehr empfindlich auf die von Krankenhäusern und Kliniken verwendeten Desinfektionsmittel", sagte Colombo. Infolgedessen kann der Pilz in Krankenhäusern bestehen bleiben, wo es Gesundheitspersonal kolonisiert und schließlich Patienten mit schwerem COVID-19 und andere kritische Patienten mit Langzeitaufenthalt infiziert.
Covid-19-Patienten sind ideale Ziele für den Pilz. Sie haben lange Krankenhausaufenthalte, Harn- und Zentralvenenkatheter, die das Eindringen in den Blutkreislauf ermöglichen, und sie erhalten Steroide und Antibiotika in ihrer Behandlung, die wiederum die Darmflora beeinträchtigen. Das Virus könne die Darmschleimhaut von schweren Covid-19-Patienten schädigen und so das Eindringen von Krankheitserregern in den Blutkreislauf erleichtern – der Patient wird anfälliger für die Pilzerkrankung.
Auch andere Länder haben das Auftreten von Candida auris während der Pandemie gemeldet. Laut den Studienautoren ist daher eine verstärkte Kontrolle von Krankenhauspatienten notwendig. Um Resistenzen nicht zu fördern, sollte der Einsatz mikrobieller Medikamente auf Intensivstationen nicht vorschnell erfolgen. Seit Beginn der Pandemie werden laut Colombo einige Antibiotika aber häufiger verschrieben – meist ohne echte Begründung.